In Deutschland blieben nach 1949 etwa 25.000 Juden übrig. Aus einer Arbeitsgemeinschaft jüdischer Gemeinden entwickelte sich 1950 der Zentralrat der Juden in Deutschland mit Sitz in Düsseldorf und später Bonn. Daneben existierten Komités befreiter Juden, die sich allerdings langsam auflösten. Jeanette Wolff war schon zur Weimarer Zeit bei der SPD. Sie gehörte zu den Gründermüttern der jungen Bundesrepublik, ebenso Justizminister Josef Neuberger, der aus der Emigration in England nach Düsseldorf kam. 1952 verabschiedete der junge Bundestag ein Bundesentschädigungsgesetz. Viele jüdische Familien wollten nur ihre Schadensersatzansprüche regeln. Manche fühlten sich „auf gepackten Koffern“. Zuwanderungen aus Osteuropa glichen das demographische Defizit aus. 1956 flüchteten ungarische Juden in den Westen, 1968 tschechische. Synagogen und Gemeindezentren wurden gebaut.

Die Gründerväter waren sehr bestimmende Persönlichkeiten und gingen in ihrer Aufbauarbeit auf. Sie ließen jahrzehntelang kaum Jüngere zu. Wenige dieser Generation fanden den Zugang zur Politik: Ignaz Bubis etwa zur FdP, Michel Friedman zur CDU.

Die Kirchen distanzierten sich allmählich von den antijüdischen Positionen der Zeit vor 1945: Für den Katholizismus war es das Zweite Ökumenische Konzil und die Erklärung „nostra aetate“ 1965. In den Evangelischen Landeskirchen entwickelte sich ähnlicher Prozesse. Leider wird bis heute im Schulunterricht kaum jüdische Geschichte vor 1933 und nach 1945 unterrichtet. Judentum wird oft mit der Zeit der Schoah gleichgesetzt. Dass Juden die moderne Kultur heute mitprägen, kommt im Schulunterricht in Deutschland nicht vor und dies obwohl sich Pädagogen seit 60 Jahren für einen Wandel einsetzen.

1990 wanderten sowjetische Juden in die DDR zu. Der Status der „Kontingentflüchtlinge“ wurde geschaffen. Die Zahl der Gemeindemitglieder vervierfachte sich auf hunderttausend. Neue Gemeinden wurden gegründet, neue Synagogen gebaut oder Gemeindezentren erweitert. Allerdings bleiben die Gottesdienste schlecht besucht. Viele zeigen sich aber bei kulturellen und gesellschaftlichen Anlässen. Um eigenen Religionslehrer-Nachwuchs zu erhalten und angehenden Gemeindeangestellten jüdisches Wissen zu vermitteln, wurde 1979 die Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg gegründet. Ihr folgten später private Rabbinerseminare (liberal 1999 (Potsdam), orthodox 2005 (Berlin)). Julian Soussan wuchs in Deutschland auf und ist nun Rabbiner in Frankfurt. Einige betätigen sich als Schriftstellerin (Lena Gorelik), Politiker (Sergey Lagodinsky), als Bloggerin (Marina Weisband) oder Schauspieler (Daniel Donskoy).

Das politische Klima hat sich in den letzten Jahren verändert. Es wird oft polarisiert. Rechtsextreme Tendenzen werden sichtbar, die vorher im Untergrund oder in einer allgemeinen Protesthaltung versteckt waren. Es gibt Angriffe auf Synagogen wie in Halle (2019) oder auf einzelne Menschen. Über das Internet wird judenfeindliche Propaganda aus dem mediterranen und nahöstlichen Raum hier verbreitet. Gewisse Deutschrapper benutzen judenfeindliche Klischees. Für jüdische Schüler ist die Situation an allgemeinen Schulen leider oft unangenehm.

Wir wollen mit dieser digitalen Zeitreise durch die jüdische Geschichte etwas dagegensetzen.

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